Dieser Beitrag entstand aus einem Posting von mir aus dem OEF:
Es gibt keinen spezifischen Netzkabel-Klang. Punkt.
Woher ich das weiß?
Ich habe mich einige Jahre sehr intensiv meß- und gehörtechnisch anläßlich unserer Verstärkerentwicklung damit beschäftigt und dabei auch eine ganze Reihe von Geräten zur Störunterdrückung entwickelt und auf dem Markt gebracht.
Das ist aber schon eine Weile her und das Thema interessiert mich jetzt eigentlich nicht mehr wirklich.
Ich will obiges Statement aber gerne begründen, dabei auch das thread topic streifen, muß aber etwas ausholen.
Ein Netzkabel soll die Netzfrequenz von 50Hz möglichst sauber, verlustfrei und in der angeforderten Spannung und Stromstärke an den Verbraucher weiterreichen - nicht mehr und nicht weniger.
Die Netzspannung ist nur sehr aufwendig vom Anwender kontrollierbar, daher muß in den Geräten für eventuelle Toleranzen der Netzspannung vorgesorgt werden.
Dies geschieht i.d.R. durch entsprechende Stabilisierung der internen Spannungsversorgung mit ausreichendem Regelhub.
Der angeforderte Netzstrom kann durch ausreichende Netzkabelquerschnitte und möglichst verlustfreie Kontaktübergänge ebenfalls vom Anwender einigermaßen kontrolliert werden.
Sofern dies bei der Konstruktion der angeschlossenen Geräte ausreichend berücksichtigt worden ist, sollte es hier von dieser Seite aus keine Beeinträchtigung des Audiosignals geben.
Bleibt das übertragene Netzspektrum, bzw. also alles das, was außerhalb von 50Hz noch so über das Netz an die Geräte weitergeleitet wird.
(Die durch Potentialdifferenzen bedingten Signalstörungen durch Ausgleichströme zwischen den angeschlossenen Geräten möchte ich mal hier außen vorlassen.)
Wenn man nun dieses Spektrum messen will, dann reicht es nicht, das Spektrum der Netzspannung zu analysieren (da gibt es verhältnismäßig wenig zu sehen, da das Netz als Konstantspannungsquelle konzipiert ist), sondern man muß den Netzstrom analysieren.
Da wird man dann (nicht sehr überraschend) feststellen müssen, daß das Störspektrum von Anlage zu Anlage und pauschal von Ort zu Ort durchaus unterscheidlich ausfällt, aber in jedem Fall in nicht unbeträchtlichem Umfang vorhanden ist.
Wo kommts her?
Zum Einen von außen, zum Anderen von den angeschlossenen Verbrauchern selbst. Das ist alles seit langem bekannt und auch schon ausreichend diskutiert worden.
Daher nur mal kurz zusammengefaßt:
Jeder (End-)Verstärker produziert durch Lastwechsel und dadurch bedingte Ladevorgänge im Netzteil Oberwellen, jedes Schaltnetzteil reflektiert seine Schaltfrequenzen mehr oder weniger ins Netz zurück.
Natürlich gibt entsprechende Vorschriften, die zur Inverkehrbringung des entsprechenden Gerätes eingehalten werden müssen, diese beziehen sich aber in ihren einzuhaltenden Grenzwerten mehr auf eigene und fremde Funktionsstörungen. Zwischen einer Funktionsstörung und einer mehr oder weniger subtilen Klangbeeinflussung können aber meßtechnisch "Welten" liegen, wie die Erfahrung gezeigt hat.
Auch lassen sich Geräte auch bei maximal vertretbarem Aufwand nicht immer vollständig gegen entsprechende Störungen immun machen, wie die bekannten Beispiele aus der Medizintechnik oder dem Luftfahrtbereich aufzeigen.
Kurz und gut - hochfrequente Störungen im Netz sind immer da und haben Einfluß. Wenns nicht so wäre, bräuchte man z.B. keine entsprechenden EMV-Vorschriften.
Wie Netzstörungen u.a. in die Geräte gelangen, ist hier auch schon erschöpfend diskutiert worden: leitungsgebunden und kapazitiv eingekoppelt.
Wie sich HF-Störungen im NF-Bereich bemerkbar machen, ist ebenfalls hier schon angesprochen worden, nämlich durch Demodulation der Hüllkurve der HF-Störungen an der ersten Halbleiterstrecke im Gerät.
Wie klingen Netzstörungen?
Das ist unterschiedlich und hängt von Art der Störung ab. Aufgrund der Demodulation ist eine direkte Zuordnung zum Störsignal nicht mehr möglich.
Klanglich macht sich das aber ähnlich wie eine Klirrfaktorerhöhung bemerkbar. Die Empfindungen können hier von "digitaler Lästigkeit" bis "Euphonie" reichen.
Die euphonischen Auswirkungen von Klirrfaktor reichen bekanntermaßen von der subjektiven Erhöhung des Lautstärkeempfindens ("mehr Dynamik") bis hin zu euphonischen Klangfärbungen (z.B. Röhrenverstärker, Tonabnehmersysteme, Vinyl-Datenträger, Breitband-Lautsprecher und im Studiobereich z.B. Aural-Exciter usw.).
Das ist alles ok und letztendlich Geschmacksache. Erlaubt ist, was gefällt.
Auch kann ein erhöhter subtiler Rauschanteil (demodulationsbedingt) die Raumwahrnehmung verändern, manchmal subjektiv sogar "verbessern".
Aber es ist eben nicht technisch korrekt und klingt auch nicht immer euphonisch.
Die Störunterdrückung z.B. in digitalen Konfigurationen durch Entkopplung, Filterung usw. ist ähnlich gelagert und führt aber hier fast immer zu einer Klangverbesserung in Richtung weniger Lästigkeit, Rauhigkeit usw., sofern hier seitens des Hörers überhaupt ein Leidensdruck vorhanden ist.
In diesem Zusammenhang stellt sich nämlich immer die Frage, welche klangliche Zielvorstellung der Hörer hat.
Nach meiner Erfahrung haben z.B. Klassik-Hörer, die häufig Konzerte besuchen und wissen, wie es in natura klingen kann, eine andere Zielvorstellung von natürlicher Wiedergabe als Hörer, die ihre Hörerfahrung ausschließlich aus Konserven bestreiten. Aber das ist ein anderes Thema.
Nun endlich zum Netzkabel.
Netzkabel haben wie gesagt keine direkten Eigenklang, weil das, was sie transportieren, keine direkten Bezug zum Signal hat.
Alles das, was das Netzkabel transportiert, wird idealerweise im Netzteil des versorgten Gerätes vollständig platt gemacht, d.h. in DC, das heißt in Gleichstrom ohne jede Frequenzinformation, umgewandelt.
Idealerweise deswegen, weil eben nicht alles plattgemacht werden kann, da sich einige HF-Anteile kapazitiv über das Netzteil hinwegsetzen und erst später im Gerät demoduliert werden.
Daher profitieren die meisten Geräte dort, wo es möglich ist, vom Akku- oder Batterie-Betrieb (der ansonsten in allen anderen Belangen schlechter als ein gut gemachtes Analog-Netzteil ist: Innenwiderstand, Spannungskonstanz, Betriebssicherheit usw.).
Netzkabel können hier aber als letzter Meter vor dem Gerät durchaus als HF-Filter wirken. Entweder durch z.B. interne Ferritbeschichtung, außenliegende Klappferrite oder einfach durch eine bestimmte RCL-Vierpol-Parameter-Konfiguration des Netzkabels.
Man kann sogar durch Erhöhung der HF-Leitfähigkeit des Netzkabels bestimmte Netzstörungen vorsätzlich ins Gerät leiten und dadurch klangliche Veränderungen herbeirufen.
In manchen Fällen kann man dann bestimmte Anlagenkonfigurationen damit aufzwiebeln, wenn man es so mag.
Was hier klingt, ist also nicht das Netzkabel selbst, sondern die An- oder Abwesenheit von Netzstörungen.
Die werden vom Netzkabelhersteller allerdings nicht mitgeliefert.
Die Filterparameter beim Kabel sind per Meter definiert, d.h. die Länge des Netzkabels bestimmt Ausmaß und Wirkungsbereich der Filterwirkung.
Da man aber als normaler Anwender weder Art noch Ausmaß der Netzstörungen kennt, ist Ausprobieren angesagt.